Mit der zunehmenden Dringlichkeit globaler Umwelt- und Sozialprobleme hat die Europäische Union einen entscheidenden Schritt in Richtung nachhaltiger Unternehmensführung unternommen: die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Diese neue Vorgabe revolutioniert nicht nur die Nachhaltigkeitsberichterstattung, sondern verändert auch grundlegend die Rolle der ESG-Prüfer in Deutschland und Europa.
Was ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)?
Die CSRD ist eine überarbeitete und erweiterte Version der bisherigen Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Sie verpflichtet eine deutlich größere Zahl von Unternehmen, umfangreiche Informationen über ökologische, soziale und Governance-Aspekte (ESG) ihrer Geschäftstätigkeit offenzulegen. Ziel ist es, Investoren, Kunden und anderen Stakeholdern transparente und vergleichbare Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen.
Ab dem Geschäftsjahr 2024 gilt die CSRD für große Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden oder einem Umsatz von über 40 Millionen Euro bzw. einer Bilanzsumme über 20 Millionen Euro. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die kapitalmarktorientiert sind, folgen in einer späteren Phase.
Die wichtigsten Anforderungen der CSRD
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Erweiterter Anwendungsbereich
Die CSRD betrifft rund 15.000 Unternehmen in Deutschland – fast fünfmal so viele wie unter der NFRD. Auch nicht-europäische Unternehmen mit erheblichen Aktivitäten im EU-Raum sind betroffen.
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Doppelte Materialität (Double Materiality)
Unternehmen müssen sowohl offenlegen, wie Nachhaltigkeitsthemen ihre Geschäftstätigkeit beeinflussen, als auch welche Auswirkungen ihr Handeln auf Umwelt und Gesellschaft hat.
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Berichterstattung nach ESRS
Die Berichterstattung erfolgt nach den neuen European Sustainability Reporting Standards (ESRS), entwickelt von EFRAG. Diese Standards legen detailliert fest, welche Informationen Unternehmen offenlegen müssen – etwa zu Klimarisiken, Diversität, Lieferketten oder Menschenrechten.
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Pflicht zur externen Prüfung (Assurance Requirement)
Ein zentrales Novum der CSRD ist die Einführung einer verpflichtenden externen Prüfung der Nachhaltigkeitsinformationen durch unabhängige ESG-Prüfer.
Die neue Rolle der ESG-Prüfer in Deutschland
Mit Inkrafttreten der CSRD wird die Rolle der Wirtschaftsprüfer und ESG-Experten in der Nachhaltigkeitsberichterstattung neu definiert. ESG-Prüfer übernehmen fortan eine prüfungsähnliche Assurance-Funktion, die nicht nur Vertrauen schafft, sondern auch die Qualität der ESG-Daten signifikant erhöht.
Was bedeutet das konkret?
- Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Die veröffentlichten ESG-Daten müssen von unabhängigen Prüfern auf Vollständigkeit, Konsistenz und Richtigkeit überprüft werden. Die Prüfung beginnt zunächst auf Limited Assurance-Niveau, kann aber später auf Reasonable Assurance ausgeweitet werden. - Interdisziplinäre Prüfkompetenz
ESG-Prüfer benötigen Kenntnisse in den Bereichen Umweltwissenschaften, Menschenrechte, Lieferkettenmanagement und Datenanalyse. Diese interdisziplinäre Expertise unterscheidet ESG-Prüfungen deutlich von traditionellen Finanzprüfungen. - Stärkung der Unternehmensverantwortung
Die externe Prüfung erhöht nicht nur die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsberichte, sondern fordert auch verantwortungsbewusstes und strukturiertes Nachhaltigkeitsmanagement innerhalb der Unternehmen.
Auswirkungen für deutsche Unternehmen
Viele deutsche Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre internen Prozesse, IT-Systeme und Datenflüsse so anzupassen, dass sie die Anforderungen der CSRD erfüllen können. Gleichzeitig müssen sie geeignete Prüfpartner finden, die sowohl über die regulatorische Expertise als auch über das Fachwissen in ESG-Themen verfügen.
Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Standards und die enge Zusammenarbeit mit ESG-Prüfern sind entscheidend, um nicht nur gesetzeskonform zu berichten, sondern auch einen echten Mehrwert für Stakeholder zu schaffen.
Fazit
Die CSRD markiert einen Paradigmenwechsel in der Unternehmensberichterstattung. Sie verpflichtet Unternehmen nicht nur zur Offenlegung ihrer ESG-Leistungen, sondern etabliert mit der verpflichtenden ESG-Prüfung auch ein neues Qualitätssicherungsniveau. Für ESG-Prüfer in Deutschland bedeutet dies eine enorme Aufwertung ihrer Rolle: Sie werden zu zentralen Akteuren auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, Transparenz und Verantwortung in der Wirtschaft.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die internen Strukturen zu stärken und ESG in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie zu rücken – nicht nur aus regulatorischer Sicht, sondern auch als Chance für langfristigen unternehmerischen Erfolg.